Verletzungsrisiken beim Mountainbiken – Interview mit MTB-Verbandsarzt Dr. Artur Bergmann

23. Sep, 2024

Mountainbiken erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Laut der Allensbacher Marktanalyse AWA 2022 geben 17,5% der deutschen Bevölkerung an, ab und zu Mountainbike zu fahren, 6% sind sogar häufig mit dem Mountainbike unterwegs (1). Um mehr über typische Verletzungen und andere Besonderheiten beim Mountainbiken zu erfahren, haben wir auf unserem sportmedizinischen Symposium Sport & Medizin mit dem MTB-Verbandsarzt Dr. Artur Bergmann gesprochen.

Die häufigsten und typischen Verletzungen beim Mountainbiken sind laut Dr. Bergmann Prellungen und Schürfwunden. Durch das sportliche Fahren auf unebenem oder nassem Terrain komme es nicht selten zu einem Wegrutschen und zu Stürzen, die aber meist nur kleinere Verletzungen nach sich ziehen. Immer wieder ereignen sich aber auch schwerere Verletzungen wie Arm- oder Schulterfrakturen.

Dr. Bergmann erklärt, dass meist Unkonzentriertheit und Ermüdung die Auslöser für Stürze mit dem Mountainbike sind. Vor allem die Ermüdung der Hände wird von den meisten Fahrern und Fahrerinnen unterschätzt, denn gerade bei längeren Abfahrten werden die Hände durch das viele Bremsen viel stärker belastet als die Beine. Oft reicht dann eine Unachtsamkeit oder ein kleiner Stoß, um den Lenker loszulassen und zu stürzen.

Glücklicherweise wird das Mountainbiken durch viele technische Innovationen sicherer, so können z.B. durch hochwertigere Federungen und Räder Vibrationen und Stöße besser absorbiert werden, was die Ermüdung der Muskulatur reduzieren kann. Auf der anderen Seite, so Dr. Bergmann, kann es dazu führen, dass man sich durch die gute Technik so sicher fühlt, dass man in der Folge mit höherem Tempo fährt und damit leider das Sturz- und Verletzungsrisiko wieder ansteigt.

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Dr. Bergmann empfiehlt in jedem Fall das Tragen von Schutzkleidung: Helm und Handschuhe sollte jeder Mountainbiker immer tragen, auf sehr anspruchsvollen Strecken oder in Bikeparks zusätzlich Rückenprotektoren, Schienbein- und Knieschoner.

Inwieweit ist die Bergrettung heute tatsächlich im Einsatz, um Mountainbiker zu retten, die sich überschätzt haben? Auch dieser Frage sind wir im Gespräch mit Dr. Bergmann nachgegangen. In der Tat häufen sich die Fälle, in denen Fahrerinnen und Fahrer mit leistungsstarken E-Bikes problemlos steilste Berge hinauffahren können, die Abfahrt aber mangels Fahrkönnen oder Selbstvertrauen nicht bewältigen und dann von der Bergwacht „gerettet“ werden müssen. Dr. Bergman bestätigt, dass es im Chiemgau tatsächlich einige Strecken gibt, wo die Bergwacht leider immer wieder ausrücken muss, um gestrandete Mountainbiker zu bergen.

Das Interview mit Dr. Bergmann haben wir im Rahmen unseres Symposiums „Sport & Medizin“ am Gardasee aufgezeichnet. Dr. Artur Bergmann ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in Traunstein. Außerdem ist er Verbandsarzt des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) und betreuender Arzt der deutschen MTB-Nationalmannschaft. Privat hat er mit dem Mountainbiken begonnen, als es noch eine Randsportart war. Da es damals noch kaum Orthopäden gab, die sich auf Mountainbiken spezialisiert hatten, nahm er sich dieses Themas an. Trotz eigener Praxis bleibt Dr. Bergmann dem MTB-Sport und den Athleten verbunden.

 Quellenangabe

(1) AWA 2022, Allensbacher Marktanalyse, Institut für Demoskopie Allensbach

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