Orthese im Vorteil gegenüber Cast bei der konservativen Behandlung stabiler Weber-B-Frakturen

08. Okt, 2024

Die Weber-B-Fraktur ist die häufigste Sprunggelenksfraktur. Wenn der Bandapparat und eine stabile Gelenkstellung erhalten sind, werden diese Verletzungen in der Regel konservativ und nicht operativ behandelt. Lange Zeit erfolgte in diesen Fällen eine Ruhigstellung mit Unterschenkelcast in den ersten 6 Wochen, wobei das Bein entweder gar nicht oder nur in den letzten 2 Wochen belastet wurde. Dieses Vorgehen sichert zwar die Knochenheilung, kann aber zu Gelenkversteifungen, Muskelabbau und tiefen Beinvenenthrombosen führen.

Um die ungünstigen Nebenwirkungen einer rigiden Ruhigstellung mit Cast zu vermeiden, werden heute bei stabilen Weber-B-Frakturen zunehmend abnehmbare Orthesen eingesetzt.  Sie können flexibel angelegt und abgenommen werden und helfen, die ungünstigen Folgen der Immobilisierung wie Muskelabbau, tiefe Venenthrombosen (TVT) und Gelenkversteifungen zu vermeiden.

Cast oder Orthese – was ist in puncto Sicherheit und funktioneller Ergebnisse überlegen?

Um herauszufinden, welche Form der Ruhigstellung zu besseren Ergebnissen führt, hat die Studiengruppe um Jelle Spierings eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse [1] durchgeführt und die Ergebnisse 2023 im European Journal of Trauma and Emergency Surgery veröffentlicht. In die Analyse wurden 5 europäische Studien mit insgesamt 516 Patienten im Durchschnittsalter von 44 Jahren eingeschlossen. Zwei Studien waren randomisierte kontrollierte Studien (RCT) und 3 waren Beobachtungsstudien. Bei den Orthesen wurden folgende Varianten verwendet: Kniehohe Orthesen/Walker, Sprunggelenksorthesen, stabilisierende Bandagen oder elastische Stützbandagen.

Die Ergebnisse wurden wie folgt bewertet:

  • Die Sicherheit wurde anhand der Art und Anzahl der registrierten Komplikationen bewertet.
  • Das funktionelle Ergebnis wurde mit 2 verschiedenen, anerkannten Patientenfragebögen (Patient-Reported Outcome Measures, PROMs) bewertet, mit deren Hilfe die subjektive Einschätzung der Patienten zum Therapieerfolg erfasst wurde.

Ergebnisse zur Sicherheit

Komplikationen traten in der Castgruppe statistisch signifikant häufiger auf als in der Orthesengruppe (23 Events versus 3 Events / OR 4,67, 95% CI 1,52-14,35).

In der Castgruppe gab es folgende 23 Komplikationen:

  • Tiefe Venenthrombose (n=11)
  • Nervenkompression (n=2)
  • Fehlende Frakturheilung (n=2)
  • Sekundäre Dislokation, die eine offene Reposition und interne Fixation erforderte (n=3)
  • Castbedingte Schmerzen (n=2)
  • Verzögerte Frakturheilung (n=2)
  • Abbruch der Ruhigstellung (n=1)

In der Orthesengruppe traten hingegen nur drei Ereignisse auf:

  • Nervenkompression (n=2)
  • Oberflächliches Druckgeschwür (n=1)

Abb.: Die Studie von Spierings et al. zeigte, dass die Versorgung mit Orthese nach einer stabilen Weber-B-Fraktur signifikant weniger Komplikationen nach sich zog und von den Ergebnissen her mindestens gleichwertig mit einem Cast war.

Funktionelle Ergebnisse

Alle fünf eingeschlossenen Studien berichteten über funktionelle Ergebnisse, die anhand von Patientenfragebögen auf Basis des Olerud-Molander-Knöchel-Scores (OMAS) bewertet wurden.

Sowohl nach sechs als auch nach zwölf Wochen schnitt die Orthese im Vergleich zum Cast funktionell besser ab, jedoch gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Orthese und Cast (mittlere Abweichung nach 6 Wochen −6,64 [95% CI] und nach 12 Wochen −6,91 [95% CI]).

Nach 26 Wochen wurde mittels OMAS ein statistisch signifikanter Unterschied zugunsten der Orthese festgestellt mit einer mittleren Abweichung von −2,63 [95% CI].

Der in der niederländischen Studie verwendete Score der American Association of Orthopaedic Surgery (AAOS) ergab einen nicht statistisch signifikanten Unterschied zwischen Cast und Orthese – mit einem leichten Vorteil für die Orthese.

Stuart et al. definierten das funktionelle Ergebnis als „Symptomfreiheit nach drei Monaten hinsichtlich Bewegungsumfang, Schmerz und Aktivitätsniveau“. Nach dieser Definition waren in der Orthesengruppe mehr Patienten (n=16, 84%) nach drei Monaten symptomfrei, während in der Castgruppe weniger Patienten (n=12, 66%) nach diesem Zeitraum symptomfrei waren.

Zusammenfassung und Schlussfolgerung

Die Ergebnisse dieser systematischen Übersichtsarbeit und Metaanalyse zeigen, dass die abnehmbare Orthese aufgrund der geringeren Komplikationsrate und der nicht unterlegenen funktionellen Ergebnisse eine sichere Alternative in der konservativen Therapie von Weber-B-Frakturen sein kann.

Quellenangaben

[1] Spierings, J. F., Nijdam, T. M. P., Van der Heijden, L., Schuijt, H. J., Kokke, M. C., Van der Velde, D. & Smeeing, D. P. J. (2022). Cast versus removable orthosis for the management of stable type B ankle fractures: a systematic review and meta-analysis. European Journal Of Trauma And Emergency Surgery, 49(5), 2085–2095. https://doi.org/10.1007/s00068-022-02169-6

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