Interview zum Diabetischen Fußsyndrom: Compliance sichern mit verschließbaren Orthesen

14. Jan, 2025

Die Entlastung mit kniehohen, verschließbaren Orthesen ist der Goldstandard in der Behandlung von Patienten mit diabetischem Fußsyndrom (DFS) gemäß der IWGDF-Leitlinie.1 Es ist jedoch nicht immer einfach, die Patienten von der Wichtigkeit der Entlastung zu überzeugen. Manche Patienten glauben, dass sie auch ohne Entlastung zurechtkommen und lehnen das Tragen einer Orthese über einen längeren Zeitraum ab. Was können Therapeuten tun, um Patienten davon zu überzeugen, wie wichtig die Entlastung ist und dass eine verschließbare Orthese die beste Wahl ist? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, sprachen wir mit Dr. Windy Cole, Doctor of Podology (DPM) und Certified Wound Specialist® (CWSP) aus Ohio, USA.

OPED: Dr. Cole, was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Vorteile von verschließbaren Orthesen und was sind die häufigsten Gründe, warum Patienten sie nicht tragen wollen?

Dr. Cole: Der wichtigste Vorteil von verschließbaren Orthesen ist die Sicherstellung der Patienten-Compliance. Die Patienten können diese Orthesen nicht ohne Weiteres selbst ablegen, was eine kontinuierliche Entlastung des betroffenen Fußes gemäß des Behandlungsplanes gewährleistet. Was die Patientinnen und Patienten betrifft, so gibt es unterschiedliche Gründe, warum sie verschließbare Orthesen nicht tragen wollen oder ablehnen. Sehr häufig wird angeführt, dass das Gehen mit einer Orthese schwierig sei, dass man nicht Auto fahren könne und die Verrichtungen des täglichen Lebens schlechter zu bewerkstelligen seien. Bei Gipsverbänden / TCCs kommt ein weiteres Problem hinzu: Die Patienten haben oft Angst vor der Gipssäge.

Dr. Windy Cole ist Doctor of Podology (DPM) und Certified Wound Specialist® (CWSP) in Ohio, USA. Seit mehr als 20 Jahren setzt sie sich für eine optimale Wundversorgung und die Umsetzung internationaler Leitlinien ein. Ihre Schwerpunkte sind diabetische Fußpflege, Wundversorgung, Gliedmaßenerhalt und klinische Forschung. Des Weiteren ist Dr. Cole Lehrbeauftragte am Kent State University College of Podiatric Medicine.

OPED: Wenn ein Patient mit einem oder mehreren Fußgeschwüren in Ihre Praxis kommt und von einer verschließbaren Orthese profitieren würde, wie überzeugen Sie ihn davon?

Dr. Cole: Das Wichtigste ist, die Patienten über alle Vorteile einer verschließbaren Orthese aufzuklären, wie z.B. eine schnellere Wundheilung und bessere Langzeitergebnisse. Sobald sie das „Warum“ verstehen, sind die meisten Patienten damit einverstanden, die Orthese zu tragen. Dann entwickle ich gemeinsam mit ihnen einen Behandlungsplan, um ihre anderen Fragen und Probleme anzugehen, wie z.B. den Verzicht auf das Auto, Mobilitätsprobleme und die Durchführung von Aktivitäten des täglichen Lebens. Oft ist es hilfreich, Familienangehörige oder andere Betreuer in dieses Gespräch mit einzubeziehen, damit sich alle Beteiligten auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können.

OPED: Was ist Ihrer Meinung nach das Problem mit Orthesen, die vom Patienten jederzeit abgenommen werden können?

Dr. Cole: Die Entlastung ist ein besonders wichtiger Bestandteil des Behandlungsalgorithmus für diabetische Fußgeschwüre. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass nicht verschließbare Orthesen zwar für Kontrolle und Verbandswechsel den Zugang zur Wunde ermöglichen, die Patienten aber aus verschiedenen Gründen dazu neigen, die Orthesen immer wieder abzunehmen. Dies führt zu einer schlechten Compliance und niedrigeren Heilungsraten bei nicht verschließbaren Orthesen im Vergleich zu verschließbaren Orthesen oder Gipsverbänden.

OPED: Was ist Ihrer Meinung nach die beste Lösung?

Dr. Cole: Meiner Meinung nach können wir mit verschließbaren Orthesen die besten Erfolge erzielen: Einerseits können sie jederzeit vom Behandler zur Wundkontrolle und -behandlung abgenommen werden, andererseits sorgen sie für die notwendige Patienten-Compliance, da sie, wie ein Gipsverband, vom Patienten nicht abgenommen werden können. Eine Win-win-Situation für Patienten und Behandler!

OPED: Dr. Cole, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Abb.: Kniehohe, verschließbare Orthesen sind mit ihren vielen Vorteilen zum Goldstandard bei der Behandlung von diabetischen Fußgeschwüren geworden. 

Verschließbare Orthesen vereinen die Vorteile von Orthesen und TCCs

Gipsverbände bzw. TCCs sind weder für den Patienten noch für den Arzt ohne Weiteres abnehmbar. Sie sichern zwar sehr gut die Compliance des Patienten, haben aber den Nachteil, dass sie vom Arzt zur Wundkontrolle oder -behandlung nicht einfach abgenommen werden können.

Verschließbare Orthesen hingegen können vom Behandler verschlossen werden, so dass sie vom Patienten selbst nicht entfernt werden können. Dies führt zu den gleichen positiven Ergebnissen hinsichtlich der Compliance wie beim TCC, hat aber einen entscheidenden Vorteil gegenüber diesem: Die verschließbare Orthese kann jederzeit vom Arzt abgenommen und nach Kontrolle und Behandlung wieder angelegt und verschlossen werden.

Wie die IWGDF-Leitlinie1 bestätigt, sichern kniehohe, verschließbare Orthesen die Patienten-Compliance, verbessern die Heilung diabetischer Fußgeschwüre und beugen der Entstehung rezidivierender Geschwüre vor.

Quellenangaben

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