Diagnostik und Therapie bei Bandverletzungen am Sprunggelenk – Interview mit Dr. B.-T. Berendsen

28. Mai, 2024

Bandverletzungen am Sprunggelenk sind sehr häufig und entstehen meist beim Sport, z.B. durch ein Umknicken des Fußes nach außen.  Dabei kann es zu einer Überdehnung, Zerrung oder sogar zu einem Bänderriss kommen. Wir haben im Rahmen unseres Symposiums "Sport & Medizin" Dr. Berendsen von der Züricher alphaclinic befragt, wie Bandverletzungen diagnostiziert und konservativ behandelt werden.

Diagnostik: Patientengespräch, Palpation und bildgebende Verfahren

Entscheidend bei der Diagnostik ist das Patientengespräch, so Dr. Berends. Dabei sollte nach dem genauen Unfallhergang gefragt werden, da dies wertvolle Hinweise auf die Art der Verletzung geben kann. Als Nächstes folgt eine genaue Untersuchung des Fußes. Dabei ist das Abtasten sehr wichtig, um zu sehen, wo und wie stark die Schwellung ist und wie ausgeprägt die Schmerzen sind. Bei der Untersuchung kann auch ruhig etwas Druck ausgeübt werden, um die Schmerzpunkte zu identifizieren.

Doch wo sind die typischen Schmerzpunkte? Dr. Berendsen erläutert, dass bei der häufigsten Verletzung am vorderen Außenband ein Druckschmerz direkt vor dem Außenknöchel auftritt. Auch ganz unten an der Fibulaspitze können durch Palpation sehr starke Schmerzen ausgelöst werden, wenn eine Bänderverletzung vorliegt. Des Weiteren ist zu überprüfen, ob die Sehnenlogen, die innen und außen entlang der Knöchel verlaufen, geschwollen bzw. druckempfindlich sind. In vielen Fällen ist auch das Innenband schmerzhaft. Neben der Palpation sollte auch eine funktionelle Untersuchung erfolgen, wenn der Fuß nicht zu sehr geschwollen bzw. schmerzhaft ist.

Was die bildgebenden Verfahren betrifft, so spielt die Sonografie laut Dr. Berendsen eine wesentliche Rolle. Eine Sonografie ist sehr schnell durchführbar und ermöglicht eine präzise Beurteilung der Sehnenstruktur. Zudem kann festgestellt werden, ob neben der Kapsel auch ein Band oder Bänder eingerissen sind. Darüber hinaus kann mit Hilfe der Sonografie erkannt werden, ob sich im Gelenkbinnenraum Flüssigkeit angesammelt hat oder ob eine Achillessehnenruptur vorliegt. Um eine Fraktur auszuschließen, sollte zusätzlich ein Röntgenbild angefertigt werden. Bei einer Fraktur ist die Vorgehensweise selbstverständlich eine andere als bei einer reinen Weichteilverletzung.

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Sechswöchige Therapiephase mit Orthese und Tape

Wenn geklärt ist, dass es sich um eine reine Weichteilverletzung handelt (Zerrung, Sehnenanriss oder kompletter Sehnenriss), sollte eine konservative Behandlung eingeleitet werden. Neben den abschwellenden Maßnahmen setzt Dr. Berendsen außerdem funktionelles Tape ein, welches das Gelenk stabilisiert, den Stoffwechsel aktiviert und die Flüssigkeit heraustransportiert. Das Tape ermöglicht in vielen Fällen, dass die Patienten bereits in der Praxis wieder auftreten können. Darüber hinaus wird eine Sprunggelenksorthese verschrieben, wobei Dr. Berendsen Orthesen empfiehlt, die an den Fuß angepasst werden können und dafür sorgen, dass das Gelenk gut stabilisiert wird. Tape und Orthese verbleiben für sechs Wochen am Fuß, in dieser Zeit kann der Patient den Fuß bereits voll belasten. Im Übrigen kann mit einer modernen Sprunggelenksorthese normales Schuhwerk getragen werden, beispielsweise Sneaker.

Aufnahme des Trainings in Woche 7 bis 9

Nach Ablauf der Reha-Phase von sechs Wochen wird empfohlen, für weitere drei Wochen eine OSG-Bandage oder eine weiche Bandage beim Sport zu tragen. Auf Wunsch des Patienten kann der Fuß erneut getapt werden.

Wie lange dauert es, bis der Patient wieder sportfähig ist? Dr. Berendsen erklärt, dass von Woche 7 bis 9 wieder langsam und kontinuierlich mit dem Training begonnen werden kann. Es wird z.B. empfohlen, mit langsamem Walken zu beginnen und die Intensität langsam zu steigern, bis hin zum entspannten Laufen. In dieser Zeit sollten keine Sprints oder Sprünge unternommen werden. Ab Woche 10 kann der Patient dann wieder seinen normalen Sport ausüben, solange er schmerzfrei ist und sich stabil fühlt.

Werden Profisportler eher einer OP unterzogen?

Auf die Frage, ob Profisportler eher einer operativen Behandlung unterzogen werden, erläutert Dr. Berendsen, dass bei Sportlern, die eine für das Sprunggelenk sehr belastende Sportart ausüben, in der Tat öfter operiert wird. Der Vorteil für den Profisportler besteht darin, dass nach einer OP die Stabilität des Gelenks gewährleistet ist, beispielsweise wenn eine stabilisierende Bandplastik eingesetzt wird. Die Rehabilitationsphase nach einer OP dauert sechs Wochen und ist somit genauso lang wie ohne OP. Anschließend kann das Training für den Return to Sport wieder aufgenommen werden.

 

Wir danken Dr. Berendsen herzlich für das informative Gespräch.

Dr. Berend-Tüge Berendsen ist als Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie an der alphaclinic Zürich tätig. Das Gespräch wurde im Rahmen unseres Symposiums Sport & Medizin 2023 am Gardasee aufgezeichnet.