Patellofemorales Schmerzsyndrom durch Joggen: Evidenzbasierte, konservative Therapieoptionen

17. Jul, 2023

Die Bewegungsstudie 2022 der Technischen Krankenkasse1 hat ausgewertet, welche Sportarten von den Deutschen am häufigsten ausgeübt werden. Ergebnis: Joggen ist gleich nach dem Radfahren der beliebteste Sport in Deutschland. Laut dieser Studie joggen 26% der Deutschen regelmäßig, das entspricht in etwa 22 Millionen Menschen. Auch in den USA ist Laufen ein Breitensport, im Jahr 2018 wurden dort über 40 Millionen aktive Läuferinnen und Läufer erfasst. Es wird davon ausgegangen, dass fast 50% aller Läufer jährlich Schmerzen oder eine Art von Verletzung erleiden, viele davon am Knie.2

Was sind die häufigsten Überlastungsverletzungen, wie werden sie am besten diagnostiziert und evidenzbasiert konservativ behandelt? Um diesem großen Bedarf an diagnostischem Wissen und praktischen Therapieleitlinien Rechnung zu tragen, haben die beiden Wissenschaftler Mellinger und Neurohr in einer Übersichtsarbeit aktuelle Literatur zu den drei häufigsten Überlastungsverletzungen am Knie gesichtet und zusammengefasst. Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung dieses Reviews.2

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Das Patellofemorale Schmerzsyndrom (PFSS)

PFSS ist die häufigste muskuloskelettale Überlastungsverletzung bei Läufern, sie tritt vorwiegend bei Erwachsenen auf. Es ist durch einen allmählich einsetzenden anterioren oder retropatellaren Knieschmerz gekennzeichnet. Typischerweise wird PFSS durch sportliche Aktivitäten ausgelöst, die den Quadrizeps stark beanspruchen und das Knie beugen, z.B. Laufen, Kniebeugen, Hüpfen oder Treppensteigen. Aber auch ausgedehntes Sitzen kann manchmal zu PFSS führen!

Untersuchung und Ermittlung der Ursachen des PFSS

Um die Beschwerden effektiv behandeln zu können, bedarf es einer genauen Ermittlung der Ursachen:

  • Subjektive Faktoren: Gibt es Veränderungen bei der Laufhäufigkeit, Laufintensität und Laufstrecke? Hat sich etwas beim Schlaf- und Ernährungsverhalten oder bei der Flüssigkeitszufuhr geändert? Gibt es besondere Stressfaktoren?
  • Danach erfolgt eine umfassende Untersuchung des Bewegungsapparates, hierbei sollte besonders auf Kraft und Flexibilität der Muskelgruppen, Körperhaltung, Beweglichkeit und Fußstruktur geachtet werden. 
  • Schließlich werden mögliche biomechanische Defizite des Patienten untersucht, die bei funktionellen Übungen wie Squats, einbeinigen Kniebeugen, Step-Downs und beim Laufen auftreten können.

Therapieempfehlungen

Auch wenn die primären Ursachen der patellofemoralen Schmerzen identifiziert sind, ist es aufgrund der vielen Behandlungsoptionen oft schwer, einen Behandlungsplan zusammenzustellen. Die Autoren empfehlen daher eine Mischung aus Bewegungstherapie und passiven Therapien, wie sie im Consensus-Papier des International Patellofemoral Research Retreat von 20183 zusammengefasst sind.

Diese Behandlungsempfehlungen lauten:

  1. Bewegungsübungen zur Reduzierung von Schmerzen und zum Erzielen funktioneller Verbesserungen. Der Fokus sollte auf Übungen mit Knie- und Hüftbeteiligung und nicht allein auf Knieübungen liegen.
  2. Kombinierte Behandlung mit Taping und Einlagen und/oder manueller Therapie in Kombination mit schmerzreduzierenden Übungen.
  3. Einlagen werden zur kurzfristigen Schmerzlinderung empfohlen.
  4. Nicht empfohlen werden isolierte Patellofemoral-, Knie- und Lendenmobilisierungen.
  5. Nicht empfohlen werden elektrophysikalische Therapien, einschließlich Laser-, Ultraschall- oder Phonophorese-Behandlungen.

Quellenangaben

1 TK-Studie: Studie "Beweg dich, Deutschland!": Das Land der Sportmuffel? | Die Techniker (tk.de)

2 Mellinger, S., & Neurohr, G. A. (2019). Evidence based treatment options for common knee injuries in runners. Annals of Translational Medicine, 7(S7), S249. https://doi.org/10.21037/atm.2019.04.08  

3 Collins, N. J., Barton, C. J., Van Middelkoop, M., Body, R., Rathleff, M. S., Vicenzino, B., Davis, I. S., Powers, C. M., Macri, E. M., Hart, H. F., Pappas, E. & Crossley, K. M. (2018). 2018 Consensus statement on exercise therapy and physical interventions (orthoses, taping and manual therapy) to treat patellofemoral pain: recommendations from the 5th International Patellofemoral Pain Research Retreat, Gold Coast, Australia, 2017. British Journal of Sports Medicine, 52(18), 1170–1178. https://doi.org/10.1136/bjsports-2018-099397

 

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