Rhizarthrose & Co: Was empfehlen die EULAR-Leitlinien bei Handarthrosen?

19. Jul, 2024

Handarthrosen sind sehr häufige Gelenkerkrankungen, die durch Knorpelabbau in den Gelenken verursacht werden. Typische Symptome sind Gelenkschmerzen, Steifigkeit nach Ruhephasen, Knochenwucherungen und Schwellungen der Gelenke. Verschiedene Faktoren erhöhen das Risiko, eine Handarthrose zu entwickeln, darunter Über- und Fehlbelastungen sowie eine genetische Veranlagung. Das Risiko für Handarthrosen steigt mit dem Alter, wobei Frauen über 50 Jahre am häufigsten betroffen sind.[1]

Formen der Handarthrosen

Die drei häufigsten Formen sind Arthrosen der kleinen Fingerendgelenke (Heberden-Arthrose), der Fingermittelgelenke (Bouchard-Arthrose) und des Sattelgelenks zwischen Daumen und Handwurzel (Rhizarthrose). Eine weitere, deutlich seltenere Form ist die Handgelenkarthrose, die meistens durch eine Verletzung entsteht.[1]

Abb.: Die drei am häufigsten von Arthrose betroffenen Gelenke 

Behandlungsempfehlungen der europäischen Rheumaverbände EULAR

Lange Zeit wurde die Handarthrose als Forschungsgegenstand vernachlässigt, was zu einer geringen Anzahl an Behandlungsempfehlungen führte. In den vergangenen Jahren wurden jedoch neue Daten zu verschiedenen pharmakologischen und nichtpharmakologischen Therapien publiziert, was zu neuen Erkenntnissen bezüglich der Behandlung führte. In diesem Beitrag fassen wir nun für Sie die Behandlungsempfehlungen der European Alliance of Associations for Rheumatology (EULAR) zusammen.[2]

Neu im Update von 2018: Übergreifende Prinzipien

Als Basis für die Behandlung wurden von der internationalen Taskforce zum ersten Mal fünf übergreifende Prinzipien formuliert:

A. Das Primärziel der Behandlung von Handarthrosen ist die Kontrolle der Symptome (z.B. hinsichtlich Schmerzen und Steifigkeit) und der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Hand. Damit soll die Aktivität, die Teilhabe und die Lebensqualität der Betroffenen maximal verbessert werden.

B. Es ist von essenzieller Bedeutung, dass alle Patientinnen und Patienten über die Krankheit und ihren Verlauf aufgeklärt werden. Des Weiteren sollten Schulungen zum Selbstmanagement und zu den verschiedenen Behandlungsoptionen durchgeführt werden.

C. Die Behandlung einer Handarthrose sollte stets auf individueller Basis angepasst werden, wobei der spezifische Gelenkbereich, der Schweregrad der Erkrankung sowie etwaige Begleiterkrankungen zu berücksichtigen sind.

D. Die Wahl der Behandlungsmethode sollte auf Basis einer gemeinsamen Entscheidung von Patienten und ärztlichem Personal getroffen werden.

E. Eine adäquate Behandlung sollte auf einem multidisziplinären Ansatz beruhen. In die Überlegungen sollten nichtmedikamentöse, medikamentöse und operative Verfahren einbezogen werden.[2]

Die 10 Empfehlungen der EULAR für die Behandlung von Handarthrosen

Nichtmedikamentöse Behandlung

1. Jede Patientin und jeder Patient sollte eine Schulung in ergonomischen Grundsätzen, in der Steuerung von Aktivitäten sowie der Verwendung von Hilfsmitteln erhalten.

2. Übungen, die zur Verbesserung der Gelenkfunktion und der Muskelkraft sowie zur Schmerzlinderung beitragen können, sollten für jeden Patienten in Betracht gezogen werden.

3. Orthesen sollten zur Symptomlinderung bei Patienten mit Rhizarthrose eingesetzt werden. Hierbei wird eine langfristige Verwendung empfohlen.

Medikamentöse Behandlung

4. Aus Gründen der Arzneimittelsicherheit sind topische Behandlungen gegenüber systemischen Behandlungen zu bevorzugen. Topische nichtsteroidale Antirheumatika (NSAIDs) stellen die erste Wahl bei der medikamentösen Behandlung dar.

5. Im Rahmen einer zeitlich begrenzten Schmerztherapie kann die Anwendung oraler Analgetika, insbesondere NSAIDs, für einen gewissen Zeitraum in Erwägung gezogen werden.

6. Chondroitinsulfate können zur Schmerzlinderung sowie zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Gelenke eingesetzt werden.

7. Intraartikuläre Glukokortikoid-Injektionen sollten bei Patienten mit einer Handarthrose im Allgemeinen nicht zum Einsatz kommen. Lediglich bei schmerzhaften Fingergelenken können sie in Betracht gezogen werden.

8. Auf eine Behandlung mit konventionellen oder biologischen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika sollte bei Patienten mit Handarthrosen verzichtet werden.

Sonstige Empfehlungen

9. Wenn alle pharmakologischen Behandlungsmodalitäten keine ausreichende Schmerzlinderung bewirken, sollte bei strukturellen Anomalien ein chirurgischer Eingriff in Betracht gezogen werden. Bei einer Rhizarthrose empfiehlt sich hier unter Umständen eine Trapezektomie und bei interphalangealer Arthrose eine Arthrodese oder Arthroplastik.

10. Die langfristige Nachsorge von Patienten mit Handarthrose sollte an die individuellen Bedürfnisse des Patienten angepasst sein.[2]

Starke Empfehlung für Orthesen speziell bei Rhizarthrose

Seit der Publikation der vorherigen EULAR-Empfehlungen im Jahr 2007 wurde in einer Vielzahl von Studien die Wirksamkeit von Orthesen im Vergleich mit anderen Interventionen untersucht. Diese Studien haben gezeigt, dass bei einer Rhizarthrose das Tragen einer Daumenbasis-Orthese über einen längeren Zeitraum Schmerzen reduzieren kann. 

Des Weiteren können Orthesen positive Effekte auf die Funktionalität des Daumens haben. Die positiven Wirkungen manifestieren sich aber nur bei langfristigem Tragen der Orthesen (mindestens drei Monate lang).

Die Griffstärke scheint allerdings durch das Tragen von Daumenbasis-Orthesen nicht verbessert werden zu können. Auch konnten positive Wirkungen zur Vorbeugung/Korrektur lateraler Abwinklungen und Flexionsdeformitäten des Daumens, wie sie in den Leitlinien von 2007 berichtet wurden, in den neuen Leitlinien nicht bestätigt werden.

Aufgrund der uneinheitlichen Studienlage kann die EULAR keine eindeutige Empfehlung hinsichtlich des Typs der Orthese geben. Es konnten keine Vorteile eines Typs im Vergleich zu anderen festgestellt werden, unabhängig davon, ob es sich um eine Kurz- oder Langorthese, eine maßgefertigte oder vorgefertigte Orthese handelte, ob sie aus Neopren, thermoplastischem oder einem anderen Material gefertigt wurde. Auch war die Wirkung positiv, unabhängig davon, welche Vorgaben es für den Gebrauch gab (z. B. das Tragen im Alltag, nachts, dauerhaft).[2]

Die Relevanz einer guten Passform

Es sei hier noch erwähnt, dass die Verordnung einer gutsitzenden Orthese für Patientinnen und Patienten von essenzieller Bedeutung ist. Dabei kann es sich sowohl um eine qualitativ hochwertige Fertigorthese als auch um eine maßgefertigte Orthese handeln. Eine Orthese mit optimaler Passform kann die Compliance signifikant verbessern, insbesondere beim Tragen über einen langen Zeitraum hinweg und während der Nachtruhe.[2]

Quellenangaben

[1] https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/arthrose/hintergrund. Stiftung Gesundheitswissen, Berlin. Abgerufen am 11.07.2024

[2] Kloppenburg, M., Kroon, F. P., Blanco, F. J., Doherty, M., Dziedzic, K. S., Greibrokk, E., Haugen, I. K., Herrero-Beaumont, G., Jonsson, H., Kjeken, I., Maheu, E., Ramonda, R., Ritt, M. J., Smeets, W., Smolen, J. S., Stamm, T. A., Szekanecz, Z., Wittoek, R., & Carmona, L. (2019). 2018 update of the EULAR recommendations for the management of hand osteoarthritis. Annals of the rheumatic diseases, 78(1), 16–24. doi.org/10.1136/annrheumdis-2018-213826

Grafiken © Sebastian Kaulitzki / Shutterstock.com

 

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