Vom Wurfarm bis zur Ellenbogen-Luxation: Interview mit Dr. Hans-Jörg Bülow

08. Jul, 2024

Instabilitäten am Ellenbogen sind bei sportlich aktiven Menschen relativ häufig. Sie treten vorwiegend in Sportarten wie Tennis, Handball, Volleyball oder auch Gewichtheben auf, die durch repetitive Überkopfbewegungen (Stichpunkt Wurfarm) und/oder hohe Gewichtsbelastungen gekennzeichnet sind. Die Verletzungen können chronischer Natur sein, z.B. nach inadäquater Heilung einer Seitenbandruptur oder aufgrund repetitiver Mikrotraumata. Akute Instabilitäten sind dagegen meist die Folge von Luxationen.

Im Rahmen unseres Symposiums „Sport & Medizin“ sprachen wir mit dem Leitenden Oberarzt Dr. Hans-Jörg Bülow von der Orthopädischen Klinik Markgröningen über die Behandlung von akuten und chronischen Instabilitäten. Die Klinik in Markgröningen verfügt über eine der größten Ellenbogenchirurgien in Deutschland.

Dr. Bülow betont im Interview, wie wichtig es gerade bei Sportlerinnen und Sportlern mit hohen funktionellen Ansprüchen ist, nach einem akuten Trauma zeitnah eine weiterführende Diagnostik einzuleiten. Ist eine operative Versorgung notwendig, ist das Zeitfenster sehr eng, insbesondere wenn Muskeln refixiert werden müssen. Hier sollte die OP innerhalb von 14 Tagen erfolgen. Es ist daher oft problematisch, wenn Patienten nach einem Sportunfall auswärts primär versorgt und zunächst eingegipst werden, so dass die Diagnostik dann viel zu spät erfolgt und im Nachhinein praktisch keine Möglichkeit mehr besteht, den Ellenbogen primär zu stabilisieren. Dann bleibt oft nur die konservative Therapie.

Des Weiteren gibt Dr. Bülow im Rahmen des Interviews einen Überblick über die Behandlung von chronischen Instabilitäten des Ellenbogens. Hier gibt es verschiedene Gruppen, z.B. die postakuten Patienten mit einer Luxation, die nicht stabil ausgeheilt ist und dauerhaft instabil bleibt. Dann gibt es die chronischen Ellenbogenbeschwerden vor allem bei Wurf- oder Überkopfsportarten (also z.B. Speerwerfer, Handballer oder Tennisspieler), die aufgrund der bestehenden Überbelastung natürlich ganz anders behandelt werden müssen. Chronisch vorgeschädigte Bänder lassen sich in der Regel nicht über gängige OP-Verfahren (Ankersysteme) reparieren, sondern hier müssen Bandplastiken durchgeführt werden. Daneben gibt es natürlich noch viele andere Verletzungen am Ellenbogen, wie z.B. Rupturen der Bizepssehne oder Luxationsfrakturen.  

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Welche Möglichkeiten der Nachbehandlung gibt es? Dr. Bülow betont, dass sowohl bei der konservativen als auch bei der operativen Therapie des Ellenbogens eine optimale Nachbehandlung extrem wichtig ist. Gerade nach einer Luxation sollten die Patienten, vor allem wenn sie konservativ behandelt werden, engmaschig, am besten dreimal in den ersten zwei Wochen, einbestellt werden. Dabei muss beobachtet werden, wie sich die Beweglichkeit und die Schmerzen entwickeln. Je nachdem kann dann im Notfall doch noch operiert werden.

Ähnlich verhält es sich nach einer Operation. Es ist wichtig, dass der Chirurg weiß, was ein normaler Verlauf ist und wann eventuell noch eine intensive Physiotherapie durchgeführt oder ein Schmerzkatheter gelegt werden muss. Ein Risiko bei Ellenbogenverletzungen generell ist die Ellenbogensteife, die es natürlich zu vermeiden gilt.

Auch die Ruhigstellung mit Orthesen spielt in der Nachbehandlung eine große Rolle, insbesondere die Kombination von Ruhigstellung und Bewegung des Ellenbogens ist bei Instabilitäten von großer Bedeutung. Es ist zu beachten, dass eine nicht optimale Behandlung schwerwiegende Folgen für das Gelenk haben kann.

Wir danken Herrn Dr. Bülow für dieses Interview. Dr. Bülow ist Leitender Oberarzt in Markgröningen mit dem Schwerpunkt Schulter und Ellenbogen. Das Interview wurde anlässlich unseres Symposiums „Sport & Medizin 2023“ aufgezeichnet.

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