Interview mit Dr. Wiebke Eisler: Diagnose und Behandlung von Kahnbeinfrakturen

15. Jan, 2024

Kahnbeinfrakturen sind in der Handchirurgie immer noch die am häufigsten übersehenen Frakturen des Handgelenks, denn sie sind in der Tat schwierig zu diagnostizieren. Bei unserem sportmedizinischen Symposium Sport & Medizin 2019 am Gardasee hatten wir die Gelegenheit, mit der Expertin für Handverletzungen Dr. Wiebke Eisler über dieses spannende Thema zu sprechen.

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Dr. Eisler erläutert, wie bei der Diagnose vorgegangen werden sollte: In der klinischen Untersuchung gilt es im ersten Schritt, den Druckschmerz direkt über dem Kahnbein zu ertasten. Bei der Röntgenaufnahme ist zu beachten, dass es relativ häufig vorkommt, dass die Aufnahme gar keine Fraktur zeigt. Daher ist zur Abklärung oft noch eine CT-Aufnahme notwendig.

Die Diagnostik ist deswegen besonders wichtig und entscheidend, denn nicht entdeckte Kahnbeinfrakturen können langfristig zu Folgeschäden führen – sei es in Form einer Pseudoarthrose oder einer dadurch entstehenden karpalen Instabilität, der sogenannten Snac Wrist. Oft sind diese Schäden dann nicht mehr einfach operativ zu behandeln.

Was die Therapie der Kahnbeinfraktur betrifft, so muss man laut Dr. Eisler berücksichtigen, dass die Blutversorgung von distal kommt und der proximale Pol des Kahnbeins deshalb besonders gefährdet ist, nicht gut zu verheilen. Hier ist eine konservative Therapie weniger erfolgsversprechend. Als Grundregel gilt, wie bei allen Frakturen, dass dislozierte Frakturen operativ behandelt werden sollten, speziell diejenigen im proximalen Drittel des Kahnbeins.

Ein Vorteil der operativen Therapie ist außerdem, dass die Ruhigstellung wesentlich kürzer ausfallen kann. Momentan ist die Regel, dass das Handgelenk postoperativ nur zwei Wochen ruhiggestellt werden muss und somit eine schnellere Beweglichkeit des Handgelenks erreicht werden kann.

Zusammenfassend empfiehlt Dr. Eisler bei der Diagnose folgende Vorgehensweise:

  1. Bei einer Handverletzung stets eine gründliche klinische Untersuchung durchführen.
  2. Ist es anhand der klinischen Untersuchung noch nicht zweifelsfrei erkennbar, ob es sich um eine Kahnbeinfraktur handelt, im Zweifel lieber eine Schiene anlegen und nach einer Woche nochmals untersuchen.
  3. Besteht dann immer noch keine Sicherheit, vorsichtshalber zusätzlich eine CT-Aufnahme machen.

Das Interview wurde im Rahmen des Symposiums Sport&Medizin Gardasee 2019 aufgenommen. Wir danken Frau Dr. Eisler für das Gespräch.

Zum Thema Kahnbeinfraktur hier weiterlesen: Zusammenfassung der europäischen Guidelines (EFORT) zur Kahnbeinfraktur.

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